I.1. Ausstellungsaufbau§ 

Was macht eine gute Ausstellung aus?§ 

Wenn man eine Ausstellung angeht, ist folgende Herangehensweise ratsam:

  • ein Brainstorming machen, was man von der Ausstellung erwartet (Thema, wen erreichen, was genau kommunizieren, was analog, was digital zeigen)
  • Vorbereitung: andere Sammlungen analog/digital besuchen
  • Vernetzung

Wissenschaftler_innen, die Ausstellungen kuratieren, sind in der Regel fachlich sehr gut vernetzt und bringen viele Ideen zu potentiellen Exponaten mit. Ein kurzes Brainstorming auf Flipchart, mit Papier und Stiften oder in einem digitalen Tool im Team lohnt sich immer - gerne auch mit Studierenden, Praktikant/innen, Hausmeister/innen, die ihnen offen kommunizieren, was sie anspricht und was nicht.

Aufbau einer analogen Ausstellung§ 

In sechs Abschnitten wird hier grob aufgezeigt, was bei der Erstellung einer Ausstellung zu beachten ist. Diese Übersicht lässt sich gut als Checkliste verwenden für Ihr Kuratieren, Ihre Planungen und Ihre Marketing-Aktivitäten.

Das Gebäude§ 

Wo findet Ihre Ausstellung statt?

  • Wo befindet sich das Gebäude und wie machen Sie auf sich aufmerksam?
    • an Touristikströmen in Innenstädten mit Laufkundschaft
    • in Nebenstraßen, 2./3. Stock mit eher gezielten Besucher/innen, auf Empfehlung, keine Laufkundschaft
    • ehrwürdige Einrichtung - ggf. Schwellenangst abbauen?
  • Handelt es sich um ein historisches Gebäude mit eigener Geschichte, eine Landmarke?
    • Können Sie das für sich zu Nutze machen bei Wegbeschreibung, Werbung etc?
    • Achtung: Denkmalschutz

Die Ausstellungsräume§ 

Welche Besonderheiten bringt Ihr Ausstellungsraum mit sich?

  • Besonderheiten der Architektur (Raumaufteilung, Treppen, Fenster, Foyer, bestimmter raumgreifender Baustil wie Barock oder Art Deco)
  • Hat der Ausstellungsort einen Bezug zum Ausstellungsthema? Oder gar nicht? Müssen Sie das begründen?
  • Wie verteilen Sie Ihre Ausstellung auf die Räume oder den Raum? Ein Raum, ein Thema? Ist die Größe der Räume der Bedeutung des Thema angemessen?
  • Wegführung: Ist der Weg durch die Ausstellung schlüssig nachvollziehbar? Ggf. Schilder/Pfeile aufstellen
  • Ausstattung Fußboden: Parkett, Teppich, Beton, Marmor, ...
  • Wände: Stuck, Wandfarbe: meist weiß, grau, grün, Rottöne, schwarz (neu streichen für Sonderausstellungen mit speziellem Farbkonzept?), textile Behänge (einfarbig oder mit Motiven der Ausstellung), Raumteiler, Wandverkleidung, Einbauten, Sockel
    • Trend: dunkle Farben für Wände und Vitrinensockel (dunkelgrün, dunkelblau, dunkelrot, schwarz, anthrazit); Vorteil: bilden einen guten Kontrast zu den Objekten, dazu Tageslicht oder Tageslichtlampen
    • old school: künstliche Abdunklung der Räume, Objekte mit Spots in Szene gesetzt: Objekte erscheinen “Überhöhung” der Objekte, oft Dekontextualisierung als Faszinosum
    • fragwürdiger Trend: graues Farbkonzept inklusive grauer oder weißer Schrift auf grauem Grund: schlechte Kontrastwirkung, schlechte Lesbarkeit
  • Licht: Neonröhren (eher ungünstig, von Maltechnik etc. abhängig), Spots (für Skulptur, Details wie Münzen, Gemmen, Inschriften), LEDs, Tageslichtlampen; Regeln für empfindlichen Stoffe, Papyri, Druckgrafiken etc. beachten (max. Lux-Zahl, Abdunklung nötig)

Objektpräsentation§ 

Wie zeigen Sie Ihre Objekte im Raum?

  • Wie und wo zeigen Sie Ihre Objekte? Frei oder hinter Glas? Was ist konservatorisch gegeben?
  • Bildanbringung: unsichtbar oder mit (historischen) Rahmen, Passepartouts; Galerieschienen
  • Vitrinen: vorhanden, Standardmaße, Spezialanfertigungen nötig?
  • Sind die Objekte gut sichtbar?
  • Echtheit der Objekte herausstreichen, bei Kopien bzw. Nachbildungen/Repliken/Objekte der Rezeption/Fälschungen/Fakes dezidiert darauf hinweisen
  • Provenienz der Objekte angeben (aus eigenen Beständen, Leihgaben, ...)
    • gerade diese Thematik wird durch Besucher immer stärker nachgefragt

Medieneinsatz§ 

  • Ist Ihre Ausstellung rein analog, rein digital oder ein Mix? Können Gäste Angebote auch ohne einen Besuch der Ausstellung nutzen?
  • Welche Projektionen, (digitalen) Modelle, Ton-, Film-, Computer-Anwendungen (online/offline) verwenden Sie?
  • Haben die Medien Objektcharakter oder ergänzen sie die Objekte (Erklärungen, Making ofs)?
  • Ausgewogenheit & Angemessenheit im Verhältnis zu Objekten und dem Thema der Ausstellung
  • Audioguides/Medienguides: Hardware, Software, Lagerung, Reinigung erforderlich oder per Smartphone + Kopfhörer, QR-Codes
  • Brauchen ihre Gäste Internet? Können Sie Wi-fi anbieten (Router, Bezahlung, Haftung)?

Betextung§ 

Abgesehen von den Objekten ist die Textgestaltung oft das, worüber sich am meisten die Geister scheiden. Mehr zum Verfassen von verschiedenen Texten findet sich unter ➤ I.2 Digitale und analoge Begleittexte.

  • Es gibt unterschiedliche Textarten in einer Ausstellung. Die Hierarchie sollte erkennbar sein, z. B. durch Schriftgröße, Schriftart, Schriftfarbe. Es sollte maximal 4 Ebenen geben.
    • Raumtexte: Einführungstext pro Raum/Raumteil, meist an der Wand; auch Einleitung/Schluss der Ausstellung
    • Objekttexte: Überblickstext zu einer Objektgattung/einem Genre oder einem speziellen Objekt
    • Kapiteltexte: Überblickstext zu einer Vitrine/Assemblage/Fundzusammenhang
    • Labeltexte: Text für ein individuelles Objekt (Name, Datierung, Fundort, Erwerb/Provenienz, Inventarnummer
    • Zusätzlich: Taschentexte/Handouts/Flyer mit weiteren Informationen; Online-Angebote, Katalog (wenn Sie etwas ausleihen, stellen Sie sicher, dass es wieder zurückgebracht wird und nicht zum Mitnehmen anregt)
  • Ganz wichtig: Lesbarkeit
    • Schriftgröße: Faustregel: keine Vernissage ist perfekt, wenn sich nicht eine Person über die Schriftgröße beschwert hat. Also im Zweifel größer drucken, insbesondere Label
    • Schattenwirkung: in der Regel der Lesbarkeit zuträglich
    • Farben: am besten weiße Schrift auf schwarzem Grund (auch bei digitalen Medien, angenehmer fürs Auge); auf gute Kontrast-Wirkung zwischen Textfarbe und Hintergrundfarbe achten, Rot-Grün-Sehschwäche beachten (ca. 9% der Männer und 0,8% der Frauen)
    • Format: kürzere, schnell zu erfassende Texte (z. B. Plakate): Schrift ohne Serifen wie Arial (ohne Hasten); längere und Lesetexte: Schrift mit Serifen wie Times New Roman (mit Hasten); Fettdruck, Kursivsetzung, Sperrung etc. wohldosiert anwenden, Corporate Design beachten
  • Texte gliedern die Ausstellung
  • Vermittlungen wichtiger Inhalte, Systematik, (Meta-)Daten
  • Ersetzen Texte in Ihrer Ausstellung Objekte? Werden Aussagen gemacht, für die keine Objekte vorhanden sind? Ist Ihre Ausstellung sehr textlastig/“Bleiwüste”/viel “Flachware”? Erwägen Sie, Illustrationen oder andere Medien dazuzugeben

„Botschaft“§ 

Wie ist die Aussagekraft der Objekte, v. a. in Bezug auf Ihr Ausstellungsthema?

  • Sind einschlägige Leihgaben dabei, erwartbare Themen abgedeckt?
  • Ist die Objektauswahl schlüssig?
  • Wie ist das Verhältnis von Objekt und Text? Ist eine Aussageabsicht der Ausstellungmacher/innen erkennbar und wenn ja/nein, ist das so gewollt?
  • Sind die einzelnen Themen ausgewogen auf den Raum aufgeteilt?
  • Ist ein „Argument“, eine „These“ der Ausstellung erkennbar/gewünscht?
  • Wenn gewünscht, bauen einzelne Themen kontinuierlich im Rundgang aufeinander auf?
  • Lässt sich das Thema/die These der Ausstellung in einem Satz zusammenfassen?
  • Sind die Handschrift, die Thesen der Ausstellungmacher/innen innerhalb der Ausstellung erkennbar?
  • Gibt es eine Übereinstimmung zwischen dem Ausstellungstitel, der Werbung und Medienberichte Dritter mit dem Thema der Ausstellung oder bestehen da Abweichungen oder gar Widersprüche?