II.9. Kommunikation und Pressearbeit§ 

Kommunikationspolitik§ 

Kommunikationspolitik ist ein Teilgebiet des Marketings. Es wird hier gesondert dargestellt, weil es für Museen und Ausstellungsmacher/innen von besonderer Wichtigkeit ist. Es umfasst:

  • PR (Public Relations; dazu gehört auch interne Kommunikation!)
  • Sponsoring
  • Verkauf
  • Eventmarketing
  • Messen
  • Verkaufsförderung

Kommunikationspolitik zielt ab auf:

  • die Öffentlichkeit
  • den Absatzmarkt
  • die Konkurrenz/Mitbewerber
  • die Partner in der Beschaffung wie Sponsoren
  • das eigene Haus (interne Kommunikation)

Was ist aus der Sicht von Kulturschaffenden hier zu beachten:

➜ Der Absatz (z. B. von Eintrittskarten oder Katalogen) ist in der Regel nicht gewinnorientiert.

➜ Die Werbung für ein Kulturprodukt wie eine Ausstellung folgt nicht den gleichen Grundsätzen wie die Werbung für einen Sportschuh. Es lässt sich durch Werbung schwerlich aus schlechtem Produkt „gutes“ machen und Distinktionskriterien im Spannungsfeld zwischen “Geiz ist geil” und “Bayreuth”, also billig/zugänglich vs. teuer/elitär funktioniert nicht nach diesen Maßstäben und ist in den meisten Fällen weder von der Hauptzielgruppe, noch von den Institutionen gewünscht. Das heißt aber nicht, dass es nicht geht. Hier herrscht Konfliktpotential.

Wo werbe ich für meine Ausstellung?§ 

Wie bringen Sie die Termine Ihrer Ausstellung und ihre Pressemitteilung (die Sie immer schreiben sollten!) unter die Leute? Dieser Prozess heißt Mediaselektion.

Folgende Möglichkeiten gibt es für Museen und Ausstellungsmacher, mit sächsischen Beispielen

  • Pressedienste: dpa, Evangelischer Pressedienst, newsropa.de Leipzig
  • Zeitungen: regional / überregional, z. B. LVZ, DNN, Morgenpost, Freie Presse, Sächsische Zeitung, BILD Leipzig, BILD Dresden / FAZ, SZ, taz
  • Wochenzeitungen: Die ZEIT, kreuzer leipzig, Leipziger (Internet-)Zeitung, Leipziger Rundschau, Elbhang Kurier, SAX (Dresden) (Sachsen-)Sonntag,Amtsblätter
  • Zeitschriften: Spiegel, Stern, Focus, mobil-Magazin der Deutschen Bahn
  • Publikumsmagazine/Illustrierte: Super Illu, Sächsische Heimatblätter, luhze (Leipziger Studierendenzeitschrift, ad rem (Dresdner Studierendenzeitschrift), Spiesser (deutsches Schülermagazin)
  • „special interest“-Magazine: art Magazin, MONOPOL, kunst:art Magazin, Weltkunst-Magazin der ZEIT, PM History
  • kostenfreie Stadtmagazine + Internetportale: urbanite Leipzig, urbanite Dresden, Zeitpunkt, Prinz Leipzig, Prinz Dresden, kreuzer leipzig, Frizz Leipzig, Blitz! Leipzig, Blitz! Dresden, Leipzig im..., DRESDNER Kulturmagazin, Kippe, port01, Top Magazin Leipzig
  • Uni-Magazine: LUMAG (Uni Leipzig, nur Intranet), Dresdner Universitätsjournal (auch print), Alumni-Magazine
  • Kunden- und Tourismuszeitschriften: Gästemagazin Leipzig, Leipziger Leben (Stadtwerke/Verkehrsbetrieb Leipzig), Leipzig näher dran (LTM), Magazin 66 (Senioren), puls treiber, Reiseland Sachsen, Sachsenbummel, Sachsen Magazin, Schlingel Leipzig, wirteblatt (DEHOGA), wirtschaft (IHK Leipzig), Wohnzeit (LWB)
  • Internetportale: LISA der Gerda-Henkel-Stiftung, Portale von anderen Stiftungen/Geldgebern, Informationsdienst Wissenschaft (idw, Zugang erforderlich), Stadt Leipzig (www.leipzig.de/presse), TAG24 Leipzig, Vereinsanzeiger Leipzig
  • Social Media: Twitter, Facebook, YouTube, Instagram, Tik Tok
  • Gewinnspiele: vor Ort, über Website/Social Media/Presse
  • eigene Newsletter über eigene Verteiler
  • eigene Infos in Newsletter von anderen platzieren
  • Mailing-Aktionen über eigene Verteiler (Briefpost)
  • Außenwerbung: textile oder LKW-Folien-Banner an Fassaden, Roll ups, Säulen, Stopper, Schaufenster (eigenes oder von anderen), Schaukästen mit Postern, Litfasssäulen, Guerillamarketing und Street Art, Fahnen, Flaggen
  • Hörfunk: MDR-Familie, besonders MDR Kultur und MDR Sachsen, NRJ Sachsen, PSR, Hitradio RTL Sachsen, RSA, DLF-Familie mit Deutschlandradio Kultur, Detektor FM, Apollo Radio, Radio Leipzig, Radio Dresden, Freie Radios Radio Blau, Radio Corax, coloRadio Dresden, Radio Mephisto der Universität Leipzig
  • TV: Lokalsender (Leipzig Fernsehen, Dresden Fernsehen, MDR Sachsen) / überregionale öffentlich-rechtliche TV-Sender: ARD, ZDF, arte, 3Sat, KIKA, FUNK (Portal des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für eine Junge Zielgruppe) / Straßenbahnfernsehen
  • Kinowerbung: in großen Cineplex-Komplexen oder kleineren Programmkinos
  • Messestände: Leipziger Buchmesse, ITB
  • Eventmarketing: Museumsnächte, Wissenschaftsnächte, Internationaler Museumstag, Tag des offenen Denkmals, fachbezogene Gedenktage, Muttertag, Vatertag, Kindertag, Frauentag; Stadtfeste
  • Werbung mit Prominenten (“Testimonials”): Kritiker/innen, Künstler/innen, Influencer/innen, Personen des öffentlichen Lebens einladen
  • Tage der offenen Tür, Hochschulinformationstage, Kinderaktionen

Bestimmte Formen der Werbung können teuer und aufwändig sein. Folgende Punkte sind zu beachten:

✪ Stellen Sie sich einen Verteiler mit Kontakten zu Journalist/innen und Terminredaktionen zusammen. Persönliche Kontaktpflege ist weitaus effektiver, als sich auf Pressestellen zu verlassen. Gerade bei kontroversen Themen und Situationen, die schnelles Handeln erfordern (gesteigertes öffentliches Interesse, Krisenkommunikation bei Skandalen, Shitstorms etc.) können Sie da schnell handeln oder sich Unterstützung holen.

✪ Keine Scheu vor der BILD! Die Lokalausgaben sind eine gute Möglichkeit für kurze Texte mit viel Bildmaterial.

✪ Viele deutsche Medienanstalten haben ihre Ostdeutschland-Standorte in Leipzig und Dresden. Journalist/innen vor Ort arbeiten oft freiberuflich und für mehrere Medien und machen aus einem Beitrag mehrere. Machen Sie sich das zu Nutze! Beispiel: in Leipzig arbeiten Redakteure zugleich für die drei Deutschfunk-Sender, für Detektor FM und den MDR.

✪ Bezahlte Zeitschriftenwerbung nimmt immer mehr ab, weil die Abonnent/innenzahlen immer weiter sinken. Der Trend geht zu Internetmagazinen oder bezahlter Werbung bei Facebook, die erheblich erschwinglicher ist und gute Auswertungsmöglichkeiten bietet.

✪ TV- und Kinowerbung oder Werbung im Straßenbahnfernsehen ist in der Regel nicht im Budget von Ausstellungshäusern. Hier können gute Kontakte (meist über die Kommune/Kulturamt) und Rabatte hilfreich sein.

✪ Straßenbahnwerbung wird von Leipzig Fernsehen und Dresden Fernsehen koordiniert. Die Sender selbst sind nicht mehr über alle Frequenzen vertreten, z. B. senden nicht mehr über DVB-T2, nur noch über Kabel/Satellit, was die Zielgruppen vielleicht nicht haben bzw. gar keinen Fernseher besitzen und nur Mediatheken benutzen.

✪ Fassadenwerbung mit Bannern muss im Einklang mit dem Denkmalschutz stehen, insbesondere bei historischen Gebäuden oder Gebäudeensembles in Innenstädten. Sonst drohen Verwarnungen oder gar Geldbußen.

✪ Mobile Aufsteller wie Roll-ups, Fahnen und Stopper dürfen nicht wahllos auf Gehwegen, Plätzen oder gar Fahrbahnen aufgestellt werden. Sie fallen in die gleiche Kategorie wie Freisitze und ihre Genehmigung ist oft mit sehr hohen Kosten verbunden, weshalb viele Museen eine Minimalvariante wählen oder ganz darauf verzichten. Details regeln die Kommunen. Manchmal besteht eine laxe Attitüde dazu, manchmal gibt es tägliche Busgeldforderungen durch Ordnungsämter. Informieren Sie sich vor Ort, was Sie verwenden dürfen und möchten.

✪ Statische Aufsteller wie Stelen oder Lichtelemente werden in der Regel durch die Kommune mit geplant. Auch hier gilt zu prüfen, ob die Kosten im Verhältnis zum Nutzen stehen.

✪ Guerillamarketing meint kurzfristige Aktionen, die spontan eine hohe Aufmerksamkeit generieren können wie Flyerverteilen durch verkleidete Mitarbeiter/innen, Bekleben von Wänden und Böden oder andere kreative Aktionen (Flashmob, mysteriöse Aufkleber). Was auch immer Sie tun: Prüfen Sie die Rechtslage und denken Sie auch ans Aufräumen/Entfernen danach.

Kultur als Marke – Corporate Identity oder: Wie mache ich mich unverwechselbar?§ 

Die Corporate Identity eines Hauses besteht aus den drei Teilgebieten:

  • Corporate Design (einheitliche Web- und Druckerzeugnisse, u. a. Logo, Schriftart, ...)
  • Corporate Communication (einheitliches Kommunikationsverhalten, Richtlinien)
  • Corporate Behaviour (einheitliches Verhalten, auch Dienstkleidung)

Es geht darum, eine professionelles, einheitliches Bild und Erwartbarkeit in Qualität und Kommunikation abzugeben und zu vermitteln - nach innen und nach außen. Dafür sollten ständig Erzeugnisse der Kommunikationspolitik wie Slogans mit der Kernaussage des Unternehmens abgeglichen werden. ➜ Stimmt das, was ich in einem Fall sage, mit der Hauspolitik überein?

✪ Museen und Ausstellungsräume gehören oft zu einer übergeordneten Institution. Welche Regeln zu Logos, Logogenehmigung, Platzierung auf Briefköpfen, Visitenkarten, Nutzung von Schriftarten, Präsentationsfolien und Poster-/Flyervorlagen gibt es? Dazu existieren in der Regel Handreichungen.

✪ Seltener gibt es (noch) Vorgaben, dass sich Mitarbeitende in einer bestimmten Form äußern oder nicht äußern dürfen. Dienstkleidung, Namensschilder etc. ist manchmal bei Empfangspersonal üblich.

✪ Ihr Empfangspersonal ist die Visitenkarte Ihres Hauses! Unterstützen Sie Ihre Kolleg/innen mit aktuellen Informationen zu Haus und Projekt, Terminen, Neuigkeiten und schulen Sie es im Umgang mit unterschiedlichen und diversen Kundengruppen (Stichwort Barrierefreiheit), im Beschwerdemanagement und auch im professionellen Umgang mit schwierigen Besucher/innen (streitlustig, alkoholisiert, unter Drogen, obdachlos etc.) und in Notfällen (medizinische Notfälle, Straftatbestände, Brandstiftung etc.).

Wie schreibe ich eine Pressemitteilung?§ 

Der Versand einer Pressemitteilung ist in der Regel ihr Erstkontakt mit den Medien. Pressemitteilungen dienen Redaktionen als Vorlage. Doch mehr und mehr gehen Presse und Portale dazu über, eine solche “PM” einfach zu übernehmen. Das Verfassen einer solchen Textsorte will also gelernt sein, um sich von anderen abzuheben und Lust auf mehr zu machen.

Regeln einer guten Pressemitteilung „PM“

  1. Verständlich Scheiben - mit dem 14. Wort setzt bei der Hälfte der Erwachsenen das Verständnis aus ➜ keine Schachtelsätze, lieber: ein Satz, ein Gedanke
  2. Absätze sind eine Lesehilfe. ➜ Strukturieren Sie Ihren Text kleinteilig.
  3. Je ungewöhnlicher die Botschaft, desto gewöhnlicher die Wortwahl. ➜ Mit Fremdwörtern und Fachjargon aufpassen. (Aktive) Verben sind die Hauptworte verständlicher Sprache, Nominalstil vermeiden (-ung, -heit, keit).
  4. Konkret statt abstrakt formulieren. ➜ Nennen Sie Beispiele!
  5. Treffende Vergleiche finden. ➜ Aber so, dass man sie versteht.
  6. Korrekturlesen nicht vergessen! ➜ Gerne von Fachfremden aus einer anderen Altergruppe

Faustregel: Einer muss sich immer plagen - entweder der Leser, oder der Autor. Der Autor ist einer, der Leser sind viele - also ist es fairer, wenn sich der Autor plagt :-)

Aufbau und Format einer Pressemitteilung:

  • eine Neugier weckende Schlagzeile ➜ gerne kurz und knapp
  • ein erklärender Untertitel ➜ optional, darf länger sein als der Titel (oder umgekehrt)
  • Lead-Absatz mit wichtigsten Infos, ohne alles zu verraten ➜ 1-2 Sätze
  • Artikel mit wesentlichen Informationen, Beispielen, Einzelheiten ➜ Strukturieren durch Absätze nicht vergessen
  • O-Töne einfügen ➜ Zitate, z. B. von Wissenschaftler/innen, Kurator/innen
  • Ansprechpartner & Kontaktdetails ➜ kommt ans Ende bzw. in die E-Mail-Signatur
  • ganz wichtig: 1-3 Bilder und Bildunterschriften dazu ➜ Artikel mit Bildern werden 4x häufiger gelesen

Anregungen zum Formulieren:

  • Versetzen Sie sich in Ihr Publikum hinein - die Gäste, die Kolleg/innen, aber auch die Allgemeinheit. Die müssen es verstehen! Führen Sie diesen Perspektivwechsel durch, und fragen Sie sich, was vielleicht gesondert erklärt werden muss.
  • Fragen Sie sich, ob Ihr Artikel eine Botschaft hat und Sie diese selbst in 2-3 Sätzen wiedergeben können. Gibt es einen roten Faden oder lenkt etwas (Beispiele?) von der Botschaft ab?
  • Gerade Forschungsthemen sind oft “work in progress”. Journalist/innen haben es aber auf Resultate abgesehen und möchten gerne exklusiv berichten. Überlegen Sie sich, welche vorläufigen oder Zwischenresultate Sie in Ihrer PM beschreiben können.
  • Auch wenn die meisten Journalist/innen studiert haben, prallen manchmal Welten aufeinander - der Wissenschaftler oder Museumsmacher, der seine Ausstellung promoten will, und der Medienmensch, der tausende PMs bekommt und daraus seine Zeitung/Blog/Sendung... machen muss. Seien Sie unter denen, die alles richtig machen, und deren Beiträge gedruckt/gesendet werden!

✪ Gerade Wissenschaftler/innen schreiben sonst andere Textsorten als Pressemitteilungen, Raumtexte, Katalogtexte, Audioguidetexte. Das sind keine Monografie, Journal-Artikel, Blogbeiträge. Versuchen Sie, sich in Ihre Zielgruppen hineinzuversetzen.

✪ Manchen Journalist/innen bekommen am Tag 800 E-Mails mit Pressemitteilungen und Ankündigungen wie Ihrer Pressemitteilung. Verzichten Sie, wenn möglich auf E-Mail-Anhänge (öffnet kaum einer) und versenden Sie nur finale Dokumente.

✪ Geben sie am Ende nur Kontaktdaten an, unter denen auch jemand erreichbar ist. Medienvertreter/innen rufen gerne an - verzichten Sie also auf Telefonnummern, die selten bedient werden. Das Verwenden privater Handynummern sollte gut überlegt sein; in Zeiten von Krisenkommunikation zu kurzfristig angesetzten Pressekonferenzen ist es meist nicht vermeidbar.

✪ Bei PMs nicht möglich, aber bei anderen Presseberichten dürfen Sie Journalist/innen um Gegenlesen bitten. Machen Sie Ihren Wunsch des Gegenlesens/Autorisierens von Zitaten am Anfang eines Pressekontakts transparent, und liefern Sie zeitnah. Wichtig: Text- und Überschriften- und Bild-/Bildunterschriftenredaktion sind in großen Häusern voneinander getrennte Bereiche, da können also trotz Absprachen mit einem/r Redakteur/in unterschiedliche Resultate entstehen.