2020-11-20

Im Test: Digitale Ausstellungen machen mit DDBstudio§ 

Für die Neugierigen/If you're curious: Aller guten Dinge sind drei. Der Stein von Rosette und die Entzifferung des Ägyptischen - digitale Ausstellung, deutsche Version All Good Things come in Threes. The Rosetta Stone and the Decipherment of Ancient Egyptian - digital exhibition, English version

Das Museum im Internet: Motivationen§ 

In den letzten Wochen habe ich mich intensiv mit "DDBstudio" beschäftigt, einem Service der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB), mit der man im Browser digitale Ausstellung erstellen kann. Nein, nicht wegen Corona, sondern weil es im Interesse der sechs Institutionen liegt, die wir im KompetenzwerkD betreuen. DDBstudio basiert auf dem bekannten Open-Source-Tool "Omeka", dass die Deutsche Digitale Bibliothek für ihre Zwecke angepasst hat, um Digitalisate aus ihrer eigenen Kollektion für digitale Ausstellungen bereitzustellen. Objekte, die man zeigen möchte, können im Nachhinein auch der DDB hinzugefügt werden. Als Thema habe ich mir den Stein von Rosette ausgesucht, weil ich dazu im Kooperation ein Forschungsprojekt leite und über vielfältige Daten dazu verfüge. Denn eine Motivation meines Tests war es, so viel verschiedene Dateiformate wie möglich auszuprobieren. Hier kann das fertige Ergebnis angeschaut werden. An English version is available here.

In DDBstudio sind die Templates weitestgehend vorgegeben und man kann beispielsweise nach der Festlegung auf ein bestimmtes Farbschema keine Änderungen bei Hintergrundfarben, generell bei Schriftart/Schriftgrößen, Textbreite, Abstand zwischen Text und Bild usw. tätigen. Es gibt insgesamt neun Templates, auf denen man Text, Text mit Bild, nur Bilder, eine Bildergalerie, Textzitate oder Video-, Audio- und 3D-Dateien seinen virtuellen Museumsgästen zeigen kann. Wem das zu wenig ist, der muss selbst ein Omeka-System (oder ein vergleichbares System) aufsetzen und anpassen. Allerdings involviert dies auch Hosting, Publikation, ggf. Modifikationen - und das erfordert Programmier- und Hardwareaufwand - ein Thema für einen zukünftigen Testbericht.

Zugang zu DDBstudio erhält auf Anfrage bei Lidia Westermann von der Deutschen Digitalen Bibliothek. Titel der Ausstellung (und damit auch eine aussagekräftige Kurz-URL) und das gewünschte Hintergrundfarbenschema (eine Palette aus sechs Farben) muss vorab gewählt werden.

Gute Vorbereitung erleichtert das digitale Kuratieren§ 

Bei meiner Ausstellung habe ich mich so vorbereitet, dass ich mir vorher alle Ausstellungen aus DDBstudio angeschaut habe. Da haben sich ein paar Sachen ergeben, die mir persönlich sehr gut gefallen haben, die ich anwenden wollte oder andere Sachen, die für mein Thema weniger geeignet waren. Eine Sache, die ich unbedingt machen wollte, ist die direkte Ansprache der Gäste - ein wenig nach Art eines Audioguides. Das liegt auch daran, dass das Anliegen dieser Ausstellung ein zweifaches war: nämlich, die Software auszuprobieren und Informationen über den Stein von Rosette zu vermitteln. Daher gibt es in meiner Ausführung auch die direkte Ansprache der Gäste, auch während der Ausstellung oder an den Stellen, an denen ich mit Cartoons zum Schmunzeln anzuregen versuche. Ähnlich wie in einer physischen Ausstellung muss die Wegführung korrekt sein. Deshalb habe ich meine Ausstellung in mehrere Teile unterteilt und visualisiere dies durch unterschiedliche Hintergrundfarben. Es gibt keine Beschränkungen zur Anzahl von Objekten oder Ausstellungsseiten.

Screenshot aus der Objektliste

Zur Vorbereitung habe ich mir, um mir die Arbeit zu erleichtern, zuerst in einem Ordner auf meinem Computer eine Objektauswahl zusammengestellt und die Dateien eindeutig benannt. Dann habe ich diese in DDBstudio hochgeladen. Es gibt einen Bereich für die Objekte (Liste und Detailansicht pro Objekt). Es ist wichtig, die Dateien mit aussagekräftigen Metadaten zu versehen. Manche Angaben sind Pflicht wie ein Objekttitel, Angaben zur besitzenden Institution, eine Kurzbeschreibung und natürlich Angaben zum Copyright. Denn auch als digitale/r Kurator/in muss man die Rechte für seine Objekte natürlich eingeholt haben und korrekt kennzeichnen. Hier zeigt sich wieder einmal: Arbeit in den Digital Humanities zwingt zu konkreten Angaben- und das geht oft über die Daten auf einem physischen Museumslabel in einer Vitrine hinaus. Denn je mehr man an Metadaten einträgt, umso mehr wird dem Gast auch bei Klick auf Detailansichten in der Ausstellung gezeigt. Hier der Blick auf eine [Objektseite][https://ausstellungen-red.deutsche-digitale-bibliothek.de/stein-von-rosette/items/show/1] (darunter wird noch das jeweilige Objektbild angezeigt).

Screenshot einer Objektseite

Es ist natürlich möglich, sehr viele Angaben in den Metadaten unterzubringen, die dann auch den interessierten Besucherinnen gezeigt werden können. Man sollte sich dabei an die Verschlagwortung nach dem Metadaten-Schema ["Dublin Core"][https://dublincore.org/] halten. Allerdings sind alles Freitextfelder; es gibt keine Klickfelder oder ähnliche vorgegebene Menüs, um z. B. [GND-Daten][https://lobid.org/gnd] einzupflegen.

Als nächstes habe ich mir überlegt, wie ich meine digitale Ausstellung aufbauen will. Da DDBstudio den ganzen Computerbildschirm einnimmt und beim Scrollen automatisch einrastet, habe ich mir in einem Präsentationsprogramm für alle meine Ideen Folien erstellt. Am Anfang bin ich davon ausgegangen, dass die Bildschirmdarstellung auf unterschiedlichen Geräten in etwa gleich sein wird. Allerdings ergab der Test auf mehreren Computern und Smartphones, dass die Darstellung der Schriftgrößen sehr stark voneinander abweicht: So waren Überschriften oftmals abgeschnitten und Silben nicht korrekt getrennt oder Texte, die auf einem Gerät komplett auf einer Bildschirmseite zu sehen waren, auf anderen Geräten mit Scrollen verbunden. Die Abweichungen waren zum Teil ziemlich groß. Daher habe ich meinen Plan aufgegeben, die Texte auf den Ausstellungsseiten möglichst ohne Scrollen aufzubauen. Man kann also nicht sagen, dass man in bestimmten Templates erst nach einer Maximalzahl von Zeichen scrollen muss. Und das Scrollen möchte ich gerne für die Gäste vermeiden, weil sie sich ja ohnehin durch Scrollen durch die gesamte Ausstellung bewegen. Aber nicht immer lässt sich das vermeiden, und in manchen Fällen sollen die Besucher ja auch länger als sieben Zeilen Text mit einem Objekt verbringen.

Screenshot der Ansicht einer Ausstellungsseite auf Notebook und auf Smartphone

Einbindung verschiedener Dateiformate§ 

Bei der Einbindung von Audiodateien (Nur OGG- und MP3-Format möglich) ist mir aufgefallen, dass diese nur innerhalb der jeweiligen Folie wiedergegeben werden können. Dass man sich also einen Audioguide während der Ausstellung anhören oder ein Musikstück zur Untermalung verwenden kann, ist leider nicht möglich.

Was sich als etwas tricky gestaltete, war die Einbindung von 3D Modellen. Hier wird nicht den üblichen Standards gefolgt: Gerade im Bereich der digitalen Geisteswissenschaften (open source!) sind OBJ-Dateien üblich, wie sie beispielsweise auf der Plattform Sketchfab verwendet werden. DDBstudio verlangt das X3D-Format. Nur durch Nacharbeitung in Blender ließ sich dann das 3D-Modell einbinden. Wichtig zu wissen: Die Bilddatei mit der Textur muss mit dem Modell verknüpft sein.

Im Detail sollen hier die Erfahrungen mit einem spezifischen 3D-Modell näher erklärt werden - dem Stein von Rosette des British Museum (und dafür gebe ich ab an meinen Kollegen Peter Mühleder): Die ursprüngliche Datei ist mit knapp 500.000 Polygonen und 50 MB Dateigröße rech groß. Damit es für die Gäste noch einigermaßen komfortabel anzeigbar bleibt, haben wir es in der Blender auf ein Zehntel heruntergerechnet (~50.000 Polygone/4MB). Jedoch fehlt in der von Blender exportierten X3D-Datei die Referenz auf die Texturdatei. Stattdessen wurde ein 'material' erzeugt. Das 3D-Plugin von DDBstudio nimmt jedoch keine 'materials' an, sondern benötigt explizit die Texturdatei. D. h., wir mussten noch manuell in der X3D-Datei die 'material'-Angaben durch die Texturangabe ersetzen. Dies sei hier noch einmal dargestellt ('fiveHundred.jpeg' ist der Name der Texturdatei vom British Museum):

Von Blender erzeugte 'material'-Definition:

[...]
<Appearance>
    <Material DEF="MA_fiveHundred"
		diffuseColor="1.000 1.000 1.000"
		specularColor="0.001 0.001 0.001"
		emissiveColor="0.000 0.000 0.000"
		ambientIntensity="0.000"
		shininess="0.000"
		transparency="0.0"
	/>
</Appearance>
[...]

Benötigte explizite Referenz auf die Texturdatei:

[...]
<Appearance>
	<ImageTexture url="fiveHundred.jpeg"/>
</Appearance>
[....]

Was Videos angeht, so kann man nur aus der Deutschen Digitalen Bibliothek oder vom Portal Vimeo Daten abgreifen und direkt in die Ausstellung einbinden. Uploads von Videos sind nicht möglich. Alle weiteren Formate wie Webseiten, eingefügte Frames, YouTube-Videos oder andere Onlineanwendungen können nur verlinkt werden. Daher enthält meine Ausstellung entsprechend viele Links, weil ich auf mehrere Projekte oder Visualisierungen verweise.

Bilder (auch Logos für Institutionen, die man im Impressum einfügt) sollten als JPG- oder PNG-Dateien vorliegen. Es ist möglich, GIF-Animationen einzubauen.

Die Ausstellung bauen§ 

Die Gestaltung der Ausstellungsseiten an sich ging recht schnell: Template aussuchen, Datei dazu packen, Texte schreiben. Wichtig: ganz oft zwischenspeichern! Bei Änderungen in der Listenansicht der Ausstellungsseiten muss auch jede Verschiebung durch Speichern gesichert werden. Zudem habe ich alle Texte ihrer Reihenfolge nach in meiner Präsentationsdatei gesichert.

Hier ein paar einzelne Tipps & Tricks:

  • Möglichkeiten der digitalen Medien nutzen - also nicht bloß ein digitales "Fotobuch" erzeugen, sondern auch mit Ton, Video, Animation etc. arbeiten
  • den Aufbau der Ausstellung und technische Details (z. B. Bedienung eines Mediaplayers) zu Beginn erläutern
  • Bezug zum Titel der Ausstellung herstellen
  • immer mal ein schönes großes Bild einfügen - das Medium lebt von, aber nicht nur durch opulente Visuals
  • gleiches gilt für knackige Zitate (Zitat-Template verwenden)
  • für Bilderserien eignet sich das Slider-Template; dazu aussagekräftige Bildunterschriften
  • Audioguides im Sinne der Barrierefreiheit auch als Text mitgeben
  • Neugier wecken, zum Schmunzeln oder Ausprobieren einer Sache anregen
  • die Besucher nicht über-, aber auch nicht unterfordern - gehen Sie ruhig in die Quellen, erläutern Sie Probleme der Forschung, problematische Provenienzen etc.

Mehr zum digitalen und analogen Kuratieren finden Sie in unserem Leitfaden.

Sneak Preview: Digitale Testgäste§ 

Vor der veröffentlichung lohnt es sich, die Ausstellung durch Korrekturleser/innen unterschiedlicher Alters- und Gesellschaftsgruppen anschauen zu lassen und Typos, Logikfehler, nicht funktionierende Links etc. auszumerzen. Es lohnt sich auch die Frage: Was fehlt noch, was hast du thematisch vermisst? Während man die Ausstellung in einer durch Login geschützten Arbeitsumgebung erstellt, kann man jedoch den Link zur öffentlichen Darstellung schon vor der Freischaltung teilen.

Go live: Digitale Vernissage§ 

Ausstellungen werden nach einer Prüfung, die um die zwei Wochen dauern kann, freigeschaltet. Hier gebührt Lidia Westermann von der DDB ein großer Dank, denn sie hat sich mit großem Einsatz die komplette Ausstellung noch einmal angeschaut und zu allen Aspekten sachkundig Feedback gegeben. Dann kann sich der/die digitale Kurator/in überlegen, wie die Ausstellung beworben werden kann. Und wie wäre es mit einer digitalen Vernissage? Ich werde das im November 2020 in zwei Vorträgen mit integrieren.

Fazit: Ich bin sehr zufrieden mit der Darstellung meiner Objekte in DDBstudio. Kritik wie bei den Dateiformaten und der Textverteilung auf den vorgegebenen Templates wurde oben vermerkt. Aber kaum etwas konnte nicht durch einen Workaround oder mit Hilfe meiner Kollegen oder dem netten Support von Lidia Westermann von DDBstudio gelöst werden. In der Zukunft möchte ich Omeka selbst ausprobieren und andere Tools testen.

Neugierig geworden? Im Handbuch von DDBstudio ist das Wichtigste zum Ausstellungsmachen mit dem Tool kurz und knackig notiert. Allerdings muss man nicht das Handbuch studiert haben, um loszulegen - vieles ist selbsterklärend oder im System mit Erläuterungen hinterlegt. Viel Erfolg beim Ausprobieren!

Link zur Ausstellung Eine englische Version ist hier verfügbar

Franziska Naether